Daniela Kickl hatte Wirtschaftsinformatik studiert und bereits in mehreren Jobs in der IT-Branche gearbeitet. Dann schien sich plötzlich ein Lebenstraum zu erfüllen: Die Wienerin hatte die Chance, im irischen Cork in der Europa-Zentrale von Apple eine Anstellung zu bekommen. So zog die Mutter von zwei Kindern samt Mann vor knapp drei Jahren auf die Insel und sollte erleben, was es bedeutet, bei einem „Traumarbeitgeber“ beschäftigt zu sein.
Der anfänglichen Euphorie folgte zunehmend Frust, bis es zum Schluss nur noch die Konsequenz gab, die Koffer wieder zu packen und sich völlig neu zu orientieren. Verarbeitet hat Kickl die tiefe Enttäuschung mit einem Buch, in dem sie im Tagebuchstil ihre Erlebnisse dokumentiert hat. Wenig überraschend stellt sich heraus, dass trotz des kreativen, jugendlichen Images von Apple auch dort die knallharten Regeln großer Konzerne vorherrschen.
Nicht nur in Auftragsunternehmen wie dem chinesischen Foxconn herrschen nach Kickls Beschreibungen bedenkliche Zustände: Auch in Irland sei die Arbeitswelt mit dem Leben in einer Hühnerfarm vergleichbar. 5000 Telefonberater sollen dort für internationale Kundenzufriedenheit sorgen, eng zusammensitzend in Gruppen à 500 Angestellten. Die Suizidrate liege bei den Mitarbeitern sechs Mal höher als bei den übrigen Bewohnern Irlands. Der Druck im Unternehmen soll immens sein.
Acht Minuten für Toilettengänge pro Tag
Kickl berichtet in „Apple intern – Drei Jahre in der Europa-Zentrale des Technologie-Multis“ über die rigiden Vorgaben, denen die Support-Mitarbeiter ausgesetzt sind. Nur acht Minuten sind am Tag für Toilettengänge vorgesehen; um diese Zeit einzuhalten, trinken viele Kollegen extrem wenig. Manager überwachen permanent die Leistung der Telefonberater, mit undurchschaubaren Zahlenwerten werde jeder Einzelne eingestuft. Wer zu stark vom Kurs abweicht, kann mit drastischen Disziplinarmaßnahmen rechnen. Unter den Angestellten bekam der Standort Hollyhill in Cork schnell den Spitznamen „Hollyhell“.
Kickl wurde während ihrer Zeit in Irland zwar einmal versetzt, doch das verbesserte ihre Situation nicht. Für das gleiche Gehalt bekam sie mehr Verantwortung, der Druck wuchs dadurch noch. Als ihr ein Urlaubstag nicht gewährt wurde, an dem sie ihren kleinen Sohn bei einer Weihnachtsaufführung begleiten wollte, war wohl eine Grenze für die heute 47-Jährige überschritten.
Keine Reaktion auf Verbesserungsvorschläge
Zeichen eines Burn-outs deuteten sich bei Kickl an, die Frustrierte begann, einen Bericht mit zahlreichen Verbesserungsvorschlägen zu verfassen. Mehrere Manager in den Chefetagen bis hin zum CEO Tim Cook schrieb sie an, doch niemand reagierte auf ihren Hilferuf.
Erst eine Mitarbeiterbefragung des Konzerns bringt Bewegung in die misslichen Zustände: Weniger als 30 Prozent der Angestellten zeigen sich zufrieden, viele Manager verlieren daraufhin ihren Posten. Doch das System selbst wird nicht verändert, somit gibt es kaum positive Reformen für die Mitarbeiter.
Nach fast drei Jahren, mit einem Bruttogehalt von 1800 Euro, war dann für Kickl Schluss bei Apple: Sie gab ihre zahlreichen Bemühungen, die Arbeitsverhältnisse bei dem Konzern erträglicher zu gestalten, auf und kündigte. Damit hatte sie es weit länger als viele ehemalige Kollegen ausgehalten. Mit ihrem Buch hofft sie auf eine Öffentlichkeit, die den Verbliebenen vielleicht doch eine Verbesserung bescheren könnte. Die Rechtsabteilung Apples hat laut Heise noch nicht auf die Vorwürfe reagiert.