Nach eigenen Aussagen haben Geflüchtete auf ihrem Weg durch mehrere Balkanländer schwere Misshandlungen durch Behördenmitarbeiter erlebt. Das berichtet die Hilfsorganisation Oxfam in ihrem Bericht A dangerous "game". In Ungarn sollen Polizisten Flüchtlinge demnach gezwungen haben, sich nackt auszuziehen und in den Schnee zu setzen, um dann mit kaltem Wasser übergossen zu werden. In Bulgarien und Kroatien sollen die Beamten Migranten durchsucht und ausgeraubt haben. Auch von Schlägen und Elektroschocks berichten die Migranten.

Oxfam hat gemeinsam mit dem in Serbien ansässigen Belgrader Menschenrechtszentrum (BCHR) und dem Mazedonischen Verband junger Anwälte (MYLA) vom 30. Januar bis 17. Februar insgesamt 140 Menschen befragt, die in diesem Winter versucht hatten, über die Balkanroute nach Europa zu kommen und die in Serbien und der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien Zuflucht suchten. Auch Kinder sind unter den Befragten. In den Jahren 2015 und 2016 kamen mehr als eine Million Menschen in Europa an. Als Hauptroute wählten sie meist den Seeweg über das Mittelmeer von der Türkei nach Griechenland. Dann setzten die meisten den Weg entlang der sogenannten westlichen Balkanroute fort.

Illegale Abschiebungen ohne Rechtsschutz

In dem NGO-Bericht ist außerdem von zahlreichen sogenannten Pushbacks die Rede. Das sind illegale Sammelausweisungen, bei denen den Schutz suchenden Menschen eine individuelle Prüfung ihres Falls verwehrt wird. Sie können weder einen Anwalt noch einen Übersetzer konsultieren und haben damit auch keine Möglichkeit, gegen die Pushback-Maßnahmen rechtlich vorzugehen. 2016 habe es beispielsweise 77 dokumentierte Vorfälle gegeben, bei denen insgesamt 1.411 Menschen von Serbien nach Bulgarien abgeschoben wurden.

Die Organisationen kritisieren die serbischen, mazedonischen, kroatischen, ungarischen und bulgarischen Behörden für ihren Umgang mit den Flüchtlingen. Sie riefen die Regierungen der jeweiligen Länder dazu auf, "die Verletzung der Rechte schutzsuchender Menschen sofort zu beenden und dafür zu sorgen, dass die Täter zur Rechenschaft gezogen werden." Die Europäische Union müsse dafür Sorge tragen, "dass völkerrechtliche und menschenrechtliche Verpflichtungen und Standards in Europa eingehalten werden", schreiben die Organisationen in einer Pressmitteilung.

Die Erkenntnisse aus der Befragung seien schockierend und beschämend, sagt der Referent für Krisen und Konflikte bei Oxfam Deutschland, Robert Lindner. "Menschen, die häufig vor unfassbarer Gewalt in ihren Heimatländer fliehen, müssen nun hier in Europa erneut brutale Gewalt erfahren."